Als Student geht man anfangs ehrfürchtig an die Texte und Gedanken der Großen Namen heran. Man liest (zuhause) oder hört zu (in den universitären Veranstaltungen), versteht zuerst nichts, oder nur wenig, und bewundert die Fähigkeit des Autors bzw. des Redners derart komplexe Sachverhalte zu thematisieren, die einem selbst so noch nie aufgefallen waren. Wenn jedoch das Verständnis zu lange auf sich warten lässt, kann die Bewunderung auch schnell in Langeweile und Ablehnung des Gesagten oder Geschriebenen umschlagen. Falls man dann auch noch das Pech hat, über einen solchen Text ein Referat halten oder eine Arbeit schreiben zu müssen, bleibt einem oft nichts weiter übrig, als schlicht dessen Inhalt so gut wie möglich wiederzugeben und zu hoffen, dass man sich zumindest hierbei keine Blöße gibt.
So, oder so ähnlich könnte der erste Kontakt mit der großen weiten Welt der Wissenschaft aussehen. Der „Angst des Forschers vor dem Feld“ könnte also bereits eine „Angst des Studenten vor der intellektuellen Macht“ vorausgehen. Beide male sieht sich der „Angsthase“ einem Gegenüber ausgeliefert, das potentiell eine Bereicherung für ihn darstellen könnte; jedoch ist der Ausgang der Konfrontation mit diesem eher ungewiss. Besonders schwerwiegend ist die Tatsache, dass in beiden Fällen über diese Konfrontation vor einem Publikum berichtet werden muss und die gemachten Erfahrungen bzw. gewonnenen Erkenntnisse den Erwartungen dieses durchaus kritischen Publikums zumindest weitgehend entsprechen müssen. Wer sich in wissenschaftlichen Gefilden herumtreibt steht unter der ständigen Beobachtung einer Jury, die dem eigenen Denken, Handeln und Sprechen erst durch deren Bewertung einen „Sinn“ gibt bzw. über dessen Relevanz entscheidet und einem auf diese Art und Weise eine Teilhabe an der „intellektuellen Macht“ ermöglicht (um dann anderen Angst einzujagen?).
Ausgehend von diesem fiktiven (?) Sachverhalt soll auf Foucaults Theorie des geregelten Diskurses aufbauend, der wissenschaftliche Diskurs selbst als Moment eines Ausschließungs- und Machtverteilungsmechanismus dargestellt werden. Dies soll dann weiter mit an Max Scheler angelehnten wissensphilosophischen Ansätzen, sowie dessen Sozialtheorie in Verbindung gebracht werden. Darüber hinaus soll der Frage nachgegangen werden, ob nicht der Einstieg in den wissenschaftlichen Diskurs einer Umkehrung von Kierkegaards „irrationalem Sprung“ gleicht, insofern die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Fragestellungen und Inhalten zunächst als ein "Fallenlassen" in die Möglichkeiten des eigenen Verstandes und in einen neuen Lebensentwurf hinein gesehen werden kann. Dabei bleibt die frage offen, wie sich hier die Begriffe "rational" und "irrational" zuordnen lassen.
Angaben zur Person:
Arthur Depner
26 Jahre
Student der Europäische Ethnologie (9. Sem.), Philosophie und Ev. Theologie (je im 3. Sem.)
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